10,5 Grad? Juli? 10,5 Grad! Juli! Es ist nun wirklich nicht einfach, ein geeignetes Datum für einen Roadtrip durch die Welt der Alpen zu finden. Corona redet da neuerdings ein gewichtiges Wort mit. Und da ist auf der einen Seite eine berufliche und familiäre Verpflichtung - die sich nun bestimmt relativ einfach regeln ließe - aber auf der anderen Seite warten die Wetterlaunen unserer Alpen. Der zuletzt geplante Trip scheiterte daran, dass es mitten im September zu starken Schneefällen bis in die Niederungen kam. Mit einer 305er Sommerbereifung also ein Unding. Und so kam es, dass es nach allen Corona-Kapriolen Juli wurde, um einen neuen Angriff auf die Berge zu starten. Apropos starten: mit leichtem Gepäck, meiner kleinen Leica, die griffbereit am Beifahrersitz befestigt wurde, ging es früh morgens los...
Keine Autobahn! So hieß mein Plan. Am Ende sollten es 1.200km pures Geschlängel durch Deutschland, Österreich, Italien und wieder zurück werden. Mein Weggefährte: der Porsche 911 Carrera GTS, Modell 991.2. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht! Oder anders gesagt: ich könnte mir keinen besseren Begleiter für meine Tour vorstellen. Über die schwäbische Alb runter ins Allgäu, muss ich erst nochmal eine Story von neulich verarbeiten und grinse vor mich hin: mein Schwager aus Berlin wollte unbedingt mal Porsche-Beifahren. Unbedingt! Ich mache es kurz: nachdem ich ihn auf meine einstündige Hausstreckenroute mitgenommen hatte, war der Ausflug nach 20 Minuten beendet... Sie wissen schon... das Frühstück war offenbar nicht gut gewesen. Jedenfalls war Herr Schwager im Gesicht weiss, wie der Mont Blanc im Februar. Entsprechend gemütlich bin ich auf den Kilometern zur Landesgrenze unterwegs, und mein Freund & Partner dankt es mir gleich mit einem Verbrauch von 8 Litern. Verrückt! Vor ein paar Jahren noch undenkbar. Der Carrera greift sich nun gierig die Kurven hoch zur Silvretta. RAM BAM BAM, melden sich die beiden Endrohre beim Anbremsen auf die Kehren. Ich muss zugeben: so cool und giftig die Hinterachslenkung des 911 das Geschoss um die Ecken wirft, ich erschrecke fast jedesmal aufgrund der sofortigen Reaktion der ganzen Fuhre. Kurze Pause am Silvretta Stausee. Ich stelle mir vor, wie sich hier vor 60 Jahren mein Vater mit seinem Zündapp Roller den Berg hochgequält haben muss. Nix Helm, nix wetterfeste Kleidung. Nur ein Rucksack und seine Kletterutensilien. Ach ja, seinen Tiroler Hut natürlich. Da habe ich es mit meinen 18-Wege Sportsitzen schon etwas kommoder erwischt. Weiter geht's... 
Übernachtung bei Meran. Herrlich. Abends bei einem Spaziergang das viel zu üppige Abendessen verdauen, Blick auf die Wetter-App: immer noch 28 Grad. Bella Italia! Leider gibt es am nächsten Morgen erst ab 7:30 Uhr Frühstück. Zwei italienische Espressi später werkeln die 6 Pötte im Heck lautstark vor sich hin. GTS eben. Mein erstes Etappenziel sollte Welschschnofen werden. Hier lernte ich als Dreijähriger das Skifahren. Ich finde auch sofort wieder das alte Gasthaus, genau gegenüber der Dorfkirche. Ungelogen: das Gebäude sieht aus wie damals. Vermutlich wurde es noch nicht einmal neu gestrichen und in der unten liegenden Bar, wird schon fleißig Kaffee ausgeschenkt. Über den Rosengarten Richtung Cortina bahnt sich der kreidefarbene Stuttgarter seinen Weg, und ganz zum Ende der Dolomiten Umrundung, wartet das Timmelsjoch. Dort liegt dann im Juli auch noch Schnee. Zum Glück aber nicht mehr auf der Strasse - was das Ende des Trips bedeutet hätte. 2 Tage später ist der Trip auch schon wieder vorbei. Und ich verspreche mir eines: das mache ich ab jetzt öfter...

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